Die EU will das Ackergift Glyphosat fĂŒr zehn weitere Jahre erlauben. Dabei gefĂ€hrdet das Pestizid Insekten, Artenvielfalt und Ăkosysteme. Deutschlands Stimme ist in BrĂŒssel entscheidend: Die Bundesregierung muss jetzt dafĂŒr sorgen, dass der Bienenkiller endlich verboten wird. Fordere vom grĂŒnen Landwirtschaftsminister Cem Ăzdemir: Glyphosat gehört nicht auf den Acker!Â
Unsere Forderung
Appell-EmpfÀnger*innen
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Ăzdemir (GrĂŒne)
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (GrĂŒne)
sowie alle weiteren Mitglieder der Bundesregierung
Der ungebrochen hohe Einsatz von Glyphosat hat massive negative Folgen fĂŒr Mensch, Tier und Umwelt. Das Ackergift schĂ€digt erwiesenermaĂen die Bodengesundheit, verunreinigt unsere GewĂ€sser und trĂ€gt maĂgeblich zum Verlust der biologischen Vielfalt bei.
Deswegen fordern wir: Stimmen Sie gegen die weitere Zulassung von Glyphosat in der EU und setzen Sie sich dafĂŒr ein, dass Glyphosat endlich vom Acker kommt. Auf keinen Fall darf sich Deutschland, wie bei der letzten Abstimmung, wieder enthalten!
5-Minuten-Info
Glyphosat ist das weltweit am hĂ€ufigsten genutzte Unkrautvernichtungsmittel. Es geht auf eine Entdeckung aus den 1950er Jahren zurĂŒck und ist ein chemischer Wirkstoff aus der Gruppe der Phosphonate. Das so genannte Totalherbizid Glyphosat tötet nahezu jede Pflanze, die gentechnisch nicht so verĂ€ndert wurde, dass sie den Einsatz ĂŒberlebt. Glyphosat wurde vom US-Konzern Monsanto patentiert und ist zum Beispiel im Pestizid Roundup enthalten. Im Juni 2018 hat der deutsche Bayer-Konzern Monsanto fĂŒr 63 Milliarden Euro gekauft.Â
Glyphosat wird in der Landwirtschaft, im Gartenbau, in der Industrie und im Privatbereich eingesetzt. In der konventionellen Landwirtschaft soll Glyphosat den Acker auf die Aussaat vorbereiten. Passend zu seinem Pestizid vertreibt der Agro- und Chemiekonzern Bayer gentechnisch verÀnderte Pflanzen, die gegen das Mittel resistent sind.
Die Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO hat Glyphosat als âwahrscheinlich krebserregend beim Menschenâ und damit in die zweitgefĂ€hrlichste Kategorie eingestuft. Eine im Juli 2015 erschienene ausfĂŒhrliche Veröffentlichung der IARC untermauert diesen Befund mit zahlreichen wissenschaftlichen Studien.
Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel vernichten nahezu alle wild wachsenden Pflanzen auf Ăckern. Das entzieht Arten wie Insekten oder Feldvögeln, die an AckerlebensrĂ€ume gebunden sind, die Nahrungsgrundlage. ZunĂ€chst geht die Zahl der Insekten zurĂŒck; dadurch fehlt anderen Tieren wie etwa Vögeln die Nahrung, so dass auch ihre Population abnimmt. Der Einsatz von Glyphosat ist nachweislich ein Faktor fĂŒr den RĂŒckgang und das Aussterben von Arten.Â
Pestizide gelangen von Feldern in Teiche, FlĂŒsse und Seen. Dort verĂ€ndern sie die Sauerstoffbilanz der GewĂ€sser. Das wiederum zerstört die LebensrĂ€ume von Mikroorganismen wie WĂŒrmern, Insekten und Spinnen â doch die sind wichtig fĂŒr die Artenvielfalt. Hinzu kommt: Ăber OberflĂ€chengewĂ€sser gelangt Glyphosat auch ins Grundwasser. Deshalb sind Pestizid-RĂŒckstĂ€nde auch in unserem Trinkwasser zu finden. Â
Eine Studie des Bundesforschungsinstituts fĂŒr Kulturpflanzen, das dem Landwirtschaftsministerium unterstellt ist, zeigt: Mechanische Methoden wie PflĂŒgen oder der Einsatz von anderen GerĂ€ten, um den Boden aufzulockern, helfen genauso wirksam bei der UnkrautbekĂ€mpfung wie Glyphosat. Ihr Vorteil: Sie schaden weder der Artenvielfalt noch unseren GewĂ€ssern.
Die Autor*innen des Glyphosat-Reports des Pestizid-Aktions-Netzwerks PAN International betonen, dass WildkrÀuter auf dem Acker die ProduktivitÀt nicht grundsÀtzlich verringern. Im Gegenteil: Sie können helfen, SchÀdlinge zu bekÀmpfen, die QualitÀt der Böden zu verbessern und die ErnteertrÀge zu erhöhen.
Die bestehende Zulassung der EuropĂ€ischen Union fĂŒr Glyphosat lĂ€uft Ende 2023 aus. Deshalb hat die EU-Kommission nun eine VerlĂ€ngerung der Zulassung fĂŒr zehn Jahre vorgeschlagen. Am 13. Oktober stimmen die Mitgliedstaaten ĂŒber den Vorschlag ab. Sie können diesen mit einer qualifizierten Mehrheit (55 Prozent der Mitgliedstaaten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung reprĂ€sentieren) annehmen oder ablehnen. ErhĂ€lt der Plan weder ausreichend Ja- noch Nein-Stimmen, liegt das weitere Vorgehen in der Hand der Kommission. Als bevölkerungsreichstes Mitglied hat das Votum Deutschlands bei dieser Abstimmung relativ viel Gewicht.
Die Bewertungen von Behörden wie der WHO oder der EuropĂ€ischen Behörde fĂŒr Lebensmittelsicherheit (EFSA) sollen die verschiedenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Glyphosat zusammenfassen und den politisch Verantwortlichen helfen, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Die Behörden kommen dabei jedoch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen.
So hat die Krebsforschungsagentur der WHO Glyphosat als âwahrscheinlich krebserregend bei Menschenâ und damit in die zweitgefĂ€hrlichste Kategorie eingestuft. Die EFSA hingegen hat Glyphosat in einem Gutachten aus dem Juli 2023 als unbedenklich bewertet â rĂ€umt aber gleichzeitig DatenlĂŒcken ein und verweist auf Risiken, die noch nicht angemessen bewertet worden sind, etwa im Bereich der ErnĂ€hrungssicherheit fĂŒr Verbraucher*innen.
Verbraucher- und Umweltorganisationen halten die EinschĂ€tzung der EFSA fĂŒr fatal. Trotzdem will die EU-Kommission Glyphosat auf der Grundlage der EFSA-Bewertung erneut zulassen. Dabei belegen zahlreiche unabhĂ€ngige Studien, dass sowohl Glyphosat als auch andere Pestizide gravierende negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben. So belegt eine Studie des Bundesamts fĂŒr Naturschutz, dass der RĂŒckgang von Insekten auf den Einsatz von Pestiziden zurĂŒckzufĂŒhren ist.
Hinzu kommt ein weiterer Faktor, der die unabhÀngige Bewertung von Glyphosat erschwert: Medien deckten 2019 auf, dass der Konzern Monsanto (der mittlerweile Bayer gehört) heimlich Studien in Deutschland finanziert hat, die das Pestizid in einem positiven Licht darstellen.
FĂŒr die Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat ist die EU zustĂ€ndig. Aufgabe der Mitgliedstaaten ist es, einzelne glyphosathaltige Produkte wie Roundup zu genehmigen. Nach jahrelangen politischen Auseinandersetzungen und zivilgesellschaftlichen Massenprotesten hat sich die Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, alle Produkte mit dem Wirkstoff Glyphosat bis Ende 2023 vom deutschen Markt zu nehmen.
Agrarminister Cem Ăzdemir (Die GrĂŒnen) ist gegen eine erneute Zulassung von Glyphosat in der EU. Die FDP sieht das anders: Carina Konrad etwa, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, hat sich dafĂŒr ausgesprochen. Die Ampel ist sich also nicht einig. Unklar ist auch, ob das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, Glyphosat in Deutschland zu verbieten, weiter Bestand hat, wenn das Pestizid von der EU-Kommission erneut zugelassen wird.
âWie gefĂ€hrlich ist Glyphosat?â Quarks, 07. Juni 2022
âGlyphosat: Schritt zurĂŒck beim Schutz der biologischen Vielfalt?â Umweltbundesamt, abgerufen am 26.09.2023
âGentechnisch verĂ€nderte Pflanzen & mehr Pestizideâ Heinrich-Böll Stiftung, abgerufen am 29.09.2023
âSome Organophosphate Insecticides and Herbicidesâ, IARC Publications, abgerufen am 29.09.2023
âProtection of biodiversity of free living birds and mammals in respect of the effects of pesticidesâ, Umweltbundesamt, abgerufen am 26.09.2023
Pestizide gefÀhrden GewÀsser, BUND, abgerufen am 26.09.2023
Bericht zu Grundwasserbeschaffenheit, Bund/LĂ€nder Arbeitsgemeinschaft Wasser, 04.04.2019
âDer Glyphosat-Streit geht jetzt richtig los", SĂŒddeutsche Zeitung, 20. September 2023
âMonsanto soll Studien zu Glyphosat gekauft haben", Spiegel Online, 05.12.2019
âGlyphosat: EFSA aktualisiert toxikologisches Profilâ, EFSA, 12. November 2015
âTrotz hoher Risiken: EFSA gibt grĂŒnes Licht fĂŒr Glyphosat", Deutscher Naturschutzring, 11. Juli 2023
âProtection of biodiversity of free living birds and mammals in respect of the effects of pesticidesâ, Umweltbundesamt, abgerufen am 26.09.2023
âFragen und Antworten zu Glyphosatâ Bundesministerium fĂŒr ErnĂ€hrung und Landwirtschaft, abgerufen am 26.09.2023
Datenschutz
Deine Appell-Unterzeichnung, E-Mail, Name und Ort werden zur DurchfĂŒhrung des Appells gespeichert. Ohne Newsletter-Abonnement erfolgt die Löschung der Daten zum Ende des Appells. Wenn Du unseren Newsletter abonnierst, erfolgt eine lĂ€ngerfristige Speicherung mit dem Zweck der Personalisierung. Ein Widerruf ist jederzeit möglich. Deine Daten werden von uns nicht an Dritte weitergegeben.
Hier geht es zur Datenschutz-Policy von Campact.